BÜRO WELTAUSSTELLUNG
KUNSTRAUM AM SCHAUPLATZ

GEORG GELERNTER

Georg Chaimowicz kuratiert von Benjamin Kaufmann

Georg Gelernter. Das ist der Schlüsselname Georg Chaimowicz' in Robert Schindels Der Kalte. Die einzige Figur des Romans, die Ihren Vornamen behalten durfte. Gelernt hat er nicht auf die einfache Art. Auf der Flucht aus Wien über Brünn, Prag und Amsterdam nach Bogotá begann Georg Chaimowicz' künstlerische Arbeit im Alter von nur zehn Jahren. Er beobachtete, dokumentierte und kommentierte die Diskriminierungen, Beleidigungen und Erniedrigungen, die ihm widerfuhren. Die Zeichnungen aus dieser Zeit zeugen alle von politischer Aufmerksamkeit, verändern sich in ihrem Charakter mit der Flucht jedoch stark. Sind die frühsten Arbeiten noch von kindlicher Hoffnung geprägt – „King Kong erdrückt den kleinen Hitler“ –, so ist diese bereits zwei Jahre später durch einen abgeklärten Zynismus ersetzt: Hitler als „unser neuer Boxer“. 1941 wird Chaimowicz an der Escuela de Bellas Artes de la Universidad Nacional akzeptiert, 1949 kehrt er mit seiner Familie nach Wien zurück und setzt seine Studien an der Akademie der Bildenden Künste bei Sergius Pauser, Herbert Boeckl und Martin Polasek fort.

Die Wiener Jahre Chaimowicz' – er lebte auch einige Zeit in Paris und unterhielt bis zu seinem Tod ein Atelier in Vence – sind von der Nacht bestimmt. Man konnte die Uhr danach stellen, wann er beim Engländer, wann beim Franzosen, wann er bei Oswald & Kalb und – vielleicht am wichtigsten – wann er, Schritte von seiner Wohnung, im Bane's war. Die Notwendigkeit der Nacht und die Sehnsucht nach der Nacht sind der gleiche Moment wie die Sehnsucht nach dem Weiß, die Chaimowicz' Arbeit ab den sechziger Jahren begleitet. Die Sehnsucht nach einer Ruhe, allerdings nicht im unpolitischen Sinn des Worts – denn Chaimowicz war weder unpolitisch noch ruhig –, sondern im Sinne eines Ruhens der eigenen Angst und des eigenen Zorns. Eine unmögliche Ruhe, ein Sehnsuchtsgebilde wie Weiß selbst auch ein Sehnsuchtsgebilde, unerfüllbares Ideal bleibt. Entsprechend sind auch Chaimowicz' ikonoklastische 'weiße Arbeiten' nie weiß, sondern versehrte, geknickte, gerissene, getretene und verbrannte Blätter oder Resultat einer bis ins Äußerste getriebenen Reduzierung einer konkreten Form, deren Prozess durch viele Arbeiten belegt ist.

Die Getriebenheit, die Energie der Nacht, ihr Schwarz, stehen den eigenen Widersprüchen und Ängsten gegenüber. In der Nacht natürlich zunächst die Angst schlafen zu gehen, zu träumen, sich hin- und aufzugeben. Das ist die Psychoanalytik in den Arbeiten Chaimowicz', doch auch abseits der bildlosen, bildverweigernden Arbeiten, in seinem zeichnerischen Werk, das von seinem harten, erbarmungslosen Strich geprägt, ist bleibt Chaimowicz Analytiker. Hier verkehrt sich die Innen- zur Aussenschau. Chaimowicz' Kritik der österreichischen Gesellschaft ist stets politisch, dabei aber nie plakativ, parolenhaft oder gar propagandistisch. Es würde der Stadt Wien sehr gut tun, würde Chaimowicz in ihr Gedächtnis zurückkehren.

 

Benjamin Kaufmann

 

GE­ORG GE­LERN­TER, Ge­org Chai­mo­wicz ku­ra­tiert von Ben­ja­min Kauf­mann, Installationsansicht Büro Weltausstellung
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GE­ORG GE­LERN­TER, Ge­org Chai­mo­wicz ku­ra­tiert von Ben­ja­min Kauf­mann, Installationsansicht Kunstraum am Schauplatz
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